Rückgabe

Fallstudie

Auf dem Weg zur automatischen Berichterstattung über den Zustand der Start- und Landebahn

Die ICAO (Internationale Zivilluftfahrt-Organisation) hat den 5. November 2020 als Frist für die Anwendbarkeit des Global Reporting Format (GRF), der neuen Methodik zur Bewertung und Meldung des Zustands der Start- und Landebahnoberflächen, festgelegt, um es zum einzigen "global harmonisierten" Berichtsformat für die internationale Luftfahrt zu machen.
Das GRF besteht aus den folgenden Elementen, die für jede Piste vorgesehen sind:

  • einen Landebahnzustandscode (RWYCC), eine einfache Zahl zwischen 0 und 6, um die Bremsfähigkeit der Piste in Abhängigkeit vom Oberflächenzustand widerzuspiegeln
  • Kontaminierungsart, die aus einer Liste von sogenannten Deskriptoren gezogen wird
  • Kontaminierungstiefe
  • Kontaminierungsdeckung
Boschung

Die Informationen aus dem GRF werden dann verwendet, um einen Standardbericht, den Runway Condition Report (RCR), zu erstellen. Der RCR ist die Information, die an die Piloten übermittelt wird, damit diese den Landevorgang entsprechend der geschätzten Bremsleistung des Flugzeugs planen können.

Obsoleszenz der Reibungsprüfung

Einer der Gründe für die Einführung des GRF ist die Notwendigkeit einer globalen Harmonisierung, da die derzeitigen Methoden auf globaler Ebene nicht akzeptiert werden konnten. So wurde beispielsweise der Einsatz von Reibungsprüffahrzeugen (sog. Mu-Meter) immer wieder in Frage gestellt. Aus praktischer Sicht konnte die Gültigkeit der Reibungswerte aufgrund mangelnder Reproduzierbarkeit und Zuverlässigkeit der Systemkalibrierung nicht bestätigt werden. Infolgedessen konnte ein theoretischer Zusammenhang zwischen den mit Mu-Metern gemessenen Reibwerten und der Leistung der Flugzeuge nicht nachgewiesen werden. Der Einsatz von Reibungstest-Fahrzeugen auf Start- und Landebahnen ist weiterhin erlaubt, aber in Bezug auf das GRF ist die Reibungsmessung möglicherweise nicht das einzige Kriterium für das RWYCC, wie im "Aerodromes - Annex 14" der ICAO festgelegt.

Die ATLAS-Lösung

Die wichtigsten Herausforderungen im Zusammenhang mit dem GRF sind die Anzahl der verschiedenen Kontaminierungsarten und die Messung ihrer Tiefe. Aus den Diskussionen der vom EUROCAE organisierten Treffen geht zum Beispiel hervor, dass es in der Tat eine sehr komplexe Aufgabe ist, die verschiedenen Schneearten zu unterscheiden. Daher können die auf dem Markt vorhandenen Sensoren die Probleme im Zusammenhang mit dem GRF nicht lösen. Eine Antwort auf die Anwendbarkeit des GRF ist die von Boschung entwickelte ATLAS-Lösung, welche die Entwicklung neuer Sensoren und Methoden beinhaltet. ATLAS steht für "Automated Take-off and Landing Assessment System" und ist eine Lösung, die automatisch die vom GRF benötigten Elemente bereitstellt. Das RWYCC, die Art, Tiefe und Abdeckung der Verunreiniung werden unter allen Umständen ohne weitere externe Komponenten ausgegeben. Das System basiert auf den von Boschung in den letzten 40 Jahren entwickelten Technologien im Bereich der Glatteisfrühwarnsysteme mit leistungsfähigen Belags- und Atmosphärensensoren. Es umfasst Innovationen wie den IT-RWY, einen neuen Belagssensor, welcher Pistenverhältnisse und Kontaminierungstiefe messen kann, und den r-snow, ein Schneemessgerät, das Schneehöhe und Schneearten mit einer unerreichten Genauigkeit liefert. Das System erkennt die umgebenden Wetterbedingungen und ist im Winter genauso effektiv wie im Sommer! Je nach den unterschiedlichen Eigenschaften des Flughafens (Flughafengröße, Pistenlänge, Schneefallhäufigkeit) wird die ATLAS-Lösung modular und skalierbar angepasst. Das heisst, ATLAS kann von Flughäfen auch mit bestehenden AWOS- oder Glatteiswarnsystemen von Drittanbietern eingesetzt werden. Die Visualisierung der Ergebnisse erfolgt auf der Software BORRMA (Boschung Road and Runway Management). BORRMA integriert daher eine neue Oberfläche für Start- und Landebahnen, die die bestehenden Module ergänzen wird, welche auf Flughäfen für Wetterinformationssysteme einschließlich Vorhersageinformationen und Eingriffe der Betriebsfahrzeuge verwendet werden.

Automated Take-off and Landing Assessment System (ATLAS)

"Mit ATLAS haben wir auf dem Gebiet der Warnsysteme für die internationale Luftfahrt eine sehr starke Leistung erbracht. Wir sind zuversichtlich, dass unser modulares System den Betrieb aller Arten von Flughäfen, in allen Regionen der Welt mit jedem Klima und mit jedem bereits bestehenden System unterstützen kann", sagt Filipe Lourenço, CEO von Boschung Mecatronic in der Schweiz. "Als Teil der Kombination aller Boschung-Systeme für den Betrieb von Start- und Landebahnen - von Glatteisfrühwarnsystemen bis hin zu multifunktionalen Fahrzeugen - trägt ATLAS zu unserem Engagement für eine dauerhafte, wirtschaftliche und ökologische Lösung für weltweite Flughäfen bei.”

Systemautomatisierung und die Rolle der Landebahninspektoren

Die Ausgabe der für das GRF erforderlichen Daten erfolgt automatisch durch die ATLAS-Lösung. Der Bedarf an menschlichen Inspektionen wird sehr begrenzt. Die Idee besteht nicht darin, die Landebahninspektoren vollständig durch ein Detektionssystem zu ersetzen, sondern ihre Arbeit erheblich zu erleichtern. Einerseits, wenn die Pistenbedingungen gut sind (in GRF-Begriffen: wenn die Ausgabe 6/trocken/0/NR ist) oder wenn die Bedingungen auf allen Pistenabschnitten klar sind, wird die Inspektion der Piste überflüssig. In Fällen, in denen die Bedingungen auf den Start- und Landebahnabschnitten unterschiedlich sind, gibt dies den Inspektoren einen Hinweis darauf, welche Zonen vorrangig kontrolliert werden müssen. Eigentlich bedeutet dies auch, dass sich die Bedingungen in wechselnden Zuständen befinden (Schneeschmelze zu Schneematsch und Wasser), und es ist umso wichtiger, diese Veränderungen automatisch zu erfassen, da die Inspektoren nicht die ganze Zeit neben der Start- und Landebahn sein können.

Andererseits werden menschliche Inspektionen durch unser völlig autonomes System bestätigt. Live- und historische Daten über den Zustand der Start- und Landebahn sind eine Bestätigung für die Arbeit der Inspektoren. Dies ist eine Methode zur Unterstützung der von den Inspektoren herausgegebenen Werte.

Die Schließung von Start- und Landebahnen ist immer mit Kosten verbunden

Die ATLAS-Lösung ist 24/7 verfügbar. RWYCC sind für jedes Wetter gegeben. Nur bestimmte Sensoren stoppen die Messung, wenn diese nicht erforderlich ist: Die aktiven Fahrbahnsensoren messen keinen Gefrierpunkt, wenn die Temperatur über 4°C liegt, und sparen gleichzeitig Energie des Systems. Die Sensoren werden in Übereinstimmung mit den spezifischen Standorten auf den Start- und Landebahnen so positioniert, dass sie die zuverlässigsten und repräsentativsten Daten dieser Start- und Landebahnen liefern können. Die Skalierbarkeit des Systems bietet auch die Möglichkeit, die Anzahl der Messpunkte auf den Start- und Landebahnen zu erhöhen, ohne dass zusätzliche Messstationen erforderlich sind. Eine optimale Abdeckung der Start- und Landebahnen mit einem autonomen System wie ATLAS macht daher eine Schließung der Start- und Landebahnen überflüssig. Dies war auch ein kritischer Punkt im Zusammenhang mit Reibungstests, die von Fahrzeugen durchgeführt wurden, mit offensichtlich negativen Auswirkungen auf den Flugverkehr. Um die Nachteile der Sperrung von Start- und Landebahnen und der mehr oder weniger zuverlässigen Messung von Reibungsparametern zu vermeiden, verzichtet ATLAS ausdrücklich auf den Einsatz von ergänzenden mobilen Sensoren oder Reibungsmessgeräten als Mittel zur Anwendung des GRF. Wenn die Reibungswerte jedoch für das Personal des Flughafenbetriebs von Interesse sind, wird die Lösung, um solche Informationen zu erhalten, aus den Daten jener Sensoren kommen, welche sich ständig auf der Landebahn befinden, nämlich der Flugzeuge selbst…